„Kein Mensch ist illegal“

„Cuppatea“ beleuchtet in Melle Facetten von Heimat

Norbert Wiegand



Melle. Politisch, musikalisch, literarisch und sogar philosophisch war der anspruchsvolle Samstagabend mit dem Duo „Cuppatea“ in der „Insel der Künste“. Die ausgewählten Songs und die Lyrik aus verschiedenen Epochen rankten sich allesamt um das Thema „Heimat – Fremde – Welt“.

Einige der Gedichte und Liedtexte stammten dabei aus der Feder von Joachim Hetscher, der gemeinsam mit Sigrun Knoche auf der Bühne stand. Beide sangen ohne Mikrofon und hatten ein ganzes Sammelsurium an Musikinstrumenten dabei: Joachim Hetscher seine halbe Gitarrensammlung und Sigrun Knoche diverse Flöten, E-Bass und Rhythmus-Instrumente. Bei einigen Liedern gab es Unterstützung von „Gaststar“ Dieter Osuch an der Trommel und vom Publikum, das mit sichtlicher Freude mitmachte.

Das musikalische Spektrum vom deutschen Heimatlied über sozialkritische Protestsongs bis zu Jazz und Rock war zwar eine wüste Mischung, aber im Programmablauf immer stimmig. Besonders angenehm ins Ohr ging die tiefe Alt-Stimme von Sigrun Knoche. Die Vorträge erwiesen sich dabei nicht nur in musikalischer Hinsicht, sondern auch textlich und inhaltlich als ausgesprochen anspruchsvoll. „Die Anregung, ein Programm rund um das Thema Heimat zu machen, kam von Dieter Osuch“, merkte Joachim Hetscher in seiner Moderation an.

Mit dem Leid der europäischen Amerika-Auswanderer eröffnete das Münsteraner Duo den „Heimatabend“ in der Insel der Künste. „Armut und Unterdrückung trieben sie aus dem Land, allein zwei Millionen von acht Millionen Iren“, kommentierte Joachim Hetscher Volkslieder wie „Will You Come to the Bower“ oder „Ein stolzes Schiff“. Sein Fazit lautete: „Das Land, aus dem die Menschen ziehen, wird arm, und das Land, in das sie ziehen, erkennt oft ihre Potenziale nicht.“

„Kein Mensch ist illegal“, erklärten Knoche und Hetscher unter dem Beifall der Zuhörer, wie es Flüchtlingen ohne Papiere geht. Um Flüchtlingsleid ging es auch in einem Text des Philosophen Jean Jacques Rousseau. „Heimweh“ thematisierte Harry Belafontes Lied „Island in the Sun“, das vom Publikum mit Hingabe mitgesungen wurde.

Der dritte Teil des Abends „Heimat teilen“ wurde anhand des ironischen Tucholsky-Textes „Deutschland, Deutschland über alles“ zu einem Plädoyer, sich die Heimat nicht von Nationalen und Nationalisten wegnehmen zu lassen, denn „jeder von uns hat sein eigenes Privat-Deutschland“. So sang Hetscher: „Dieses Land gehört zu mir, es gehört auch dir – es braucht dein und mein Gesicht, aber Nazis braucht es nicht.“

Wie vielfältig und bunt eine tolerante Heimat ist, verdeutlichten die beiden Münsteraner an allerlei Beispielen. Dazu gehörte der vermeintlich urdeutsche Gartenzwerg, der seinen Ursprung aber in Ost-Anatolien hat.

Zur Überschrift „Eine Welt – eine Heimat“ des vierten und letzten Teils passten „Over the Rainbow“ und „Kein schöner Land“ mit der selten gesungenen Strophe: „Kein schöner Land in dieser Zeit, als wo die Menschen sind bereit, sich zu verbinden und sich zu finden in Menschlichkeit.“ Den emotionalen Abschluss bildete die lauthals mitgesungene Zugabe „This Land ist Your Land, this Land is my Land“.

„Die Insel der Künste ist nach sieben Jahren für uns eine Heimat geworden“, dankte Veranstalterin Hildrun Balz dem Publikum und dem Duo „Cuppatea“ für das „schöne und berührende Programm“.
Norbert Wiegand

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