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Über „Dreck“ in Köpfen, Herzen und den Gassen

Gedenken zum 70. Todestag von Heinrich Roters

Gedenktage sind zugleich Mahnmale gegen das Vergessen. Lange waren sie nicht so aktuell und vergleichbar mit dem Hier und Heute. Darin waren sich Andre Schaper (Vorsitzender der Jusos), Falk Toczkowski (Vorsitzender des SPD-Ortsvereins) und Festrednerin Ingrid Arndt-Brauer (Mitglied des Bundestages) in der Gedenkstunde am Dienstag zum 70. Todestag von Heinrich Roters, einem ehemaligen SPD-Mandatsträger der Stadt Rheine, absolut einig. Der SPD Ortsverein hatte in die Ignatz-Bubis-Aula der Josef-Winckler-Schule eingeladen. Die Anzahl der Besucher war übersichtlich. Ein wichtiger Gast war der Enkel des im Jahre 1945 im KZ Buchenwald verstorbenen Heinrich Roters. Sein Name: Wolfgang Sasse.

Ob dessen Großvater – geboren am 24. Oktober 1883 in Coesfeld – ein Querulant, ein westfälischer Dickkopf oder ein feinfühliger, politisch denkender Mensch war, ließ Andre Schaper in seiner Rede offen, vermutete aber Letzteres. Fest steht, dass er sich 1933 nach der Machtergreifung der Nazis weigerte, als SPD-Mandatsträger mit einer Kehrmaschine durch Rheine zu fahren, an der eine Hakenkreuzfahne hing. Das kostete ihn alle Ämter, seinen Arbeitsplatz und letztendlich sogar sein Leben, denn 1944 wurde er verhaftet. Er kam zunächst in das Konzentrationslager Sachsenhausen. 1945 starb er im KZ Buchenwald. Sein Tod wurde zum 31. Dezember 1945 offiziell bekannt gegeben.

Das musikalische Duo „Cuppatea“ mit Sigrun Knoche – Flöte und Gesang – und Joachim Hetscher als klassischer Gitarrist mit einfühlsamer Stimme bildete einen unvergleichlichen Rahmen, der sich mit dem Leben des zu Ehrenden eindrucksvoll beschäftigt hatte. Eigens für ihn hatten sie sein Leben in Text und Ton gefasst, das sie gefühlvoll interpretierten: „Heinrich Roters, Sozialdemokrat, fuhr die Kehrmaschine der Stadt, war im Vorstand vom Ortsverein, saß für die Partei im Rat. Heinrich war eher so’n stiller Typ, nur manchmal geriet er in Wut, nämlich, wenn’s um die Braunen ging, die freche Nazi-Brut. Refrain: Dieser ganze Dreck in den Köpfen, in den Straßen, dieser alte Dreck in den Herzen, in den Gassen, dieser braune Dreck muss weg, weg, weg….“ (Liedtext)

Falk Toczkowski appellierte in seiner Begrüßungsrede, sich nicht von der Pegida und der AfD vergiften zu lassen, „dafür brauchen wir Erinnerungen wie diese mehr denn je“. Toczkowski informierte auch, dass der Bürgermeister von Köln Jürgen Roters der Neffe von „Heinrich Roters“ sei und dessen Nachfolgerin Henriette Reker jetzt einem rechten Anschlag zum 0pfer gefallen sei und dennoch die Wahl zur Bürgermeisterin angenommen habe. Das sei gut und richtig, denn es beweise, dass man sich nicht einschüchtern lassen dürfe. Ihn berührte besonders das Lied der „Cuppateas“ von der Flucht über das Mittelmeer, „weil es vor zehn Jahren geschrieben wurde und den Fluchtweg der Ärmsten der Armen beschreibt“. Es sei aktueller denn je, „wenn wir diese schrecklichen Bilder Hilfe suchender und sterbender Menschen vor uns haben“.

Die Bundestagsabgeordnete lngrid Arndt-Brauer spannte in ihrer Festrede einen Bogen von der NPD über die NSU zur AfD bis hin zur Pegida. Sie bekannte dabei, „meine Mutter gehörte damals auch zum „Bund deutscher Mädchen“, weil das alle taten. Das kann man ihnen nicht vorwerfen“. Damals habe es kein Fernsehen und keine Internetforen gegeben. „Aber wer heute hinter Pegida herläuft, weiß, was er tut.“ Viel zu lange hätten wir die Augen vor dem Krieg in Syrien verschlossen, „zu kompliziert und zu weit weg“. Aber jetzt müssten wir uns mit der Situation auseinandersetzen. Arndt-Brauer sagte, dass sie kein Verständnis für den Ausländerhass in Ostdeutschland habe, „weil sie doch auch von der Solidarität bei der Wiedervereinigung profitiert“ hätten. Ähnlich sei es in Osteuropa, der vom Westen unterstützt worden sei. Deswegen erwartet und erhofft sie, „dass die Idee von einem sozial getragenen Europa Bestand haben wird. Allerdings sind fast überall rechte Parteien in der Regierung“, mahnte sie leise.

Passend dazu stimmte das musikalische Duo das Lied vom „Mandelzweig“ an, der ein jüdisches Symbol für Kontinuität und Wiederkehr des Lebens sei.

Den Originalartikel aus der „Münsterländischen Volkszeitung“ vom 29. Oktober 2015, verfasst von Monika Koch, finden Sie hier

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